Tiny Amp Shoot-out

In letzter Zeit sind immer mehr kleine Röhrenverstärker auf den Markt gekommen. Klein in der Größe, niedrig in der Wattzahl und super einfach mit nur einem Lautstärke- und einem Tonregler. Ich frage mich, was man damit eigentlich machen kann? Beim Durchstöbern des Ladens stellte sich heraus, dass wir drei Exemplare im Haus haben. Eine Fender Custom Shop Limited Edition 57 Champ, die gerade von einem Kunden in Zahlung gegeben wurde, eine Little Gem von Floris Elfring und eine Boston Duane Jr. Es gibt also keinen Mangel an Material. Aber zuerst die Frage: Was macht man mit einem Tiny Amp? Oder positiver ausgedrückt: Was kann man damit machen?

Warum

Das Angebot an Verstärkern ist vielfältiger denn je. Jede Menge digitales Material, viele Hybridoptionen. Mit dem Aufkommen digitaler und hybrider Verstärker scheint die Notwendigkeit, einen 50-Watt-Verstärker aufzumachen, teilweise zu schwinden. “Verdampft noch mal”, höre ich die Puristen unter euch sagen. Auch die Zunahme des In-Ear-Monitorings und der Low-Volume-Bühnen lassen die großen Verstärker in einem anderen Licht erscheinen. Das ist nicht ganz gerechtfertigt, denn es gibt gute Lösungen für das Volumen. Aber dazu bald mehr. Doch wo in der riesigen Produktpalette haben die winzigen Verstärker mit geringer Leistung ihren Platz verdient? Ich glaube nicht, dass Power der entscheidende Faktor ist. Das gilt für einen großen Verstärker ebenso wie für einen kleinen Verstärker. Es geht nur um den Ton, meine Freunde, nur um den Ton.

Was den Klang angeht, kann man mit einem kleinen Verstärker sehr weit kommen. Eric Clapton nahm Layla über eine Fender Champ auf. Und auch Keith Richards und Billy Gibons benutzten im Studio kleinere Röhrenverstärker. Und da ist natürlich die relativ geringe Lautstärke sehr praktisch. Und wenn man zu Hause mit Röhren spielen will, dann ist ein Tiny-Verstärker wirklich die einzige Lösung, die gut klingt und die Beziehung zu Mitbewohnern und Nachbarn einigermaßen intakt lässt. Wir sagen absichtlich “irgendwie”, denn ein Tiny-Verstärker ist nicht unbedingt weich. Wenn man ihn mit dem “Schlafzimmermodus” anderer Verstärker vergleicht, ist der winzige Verstärker immer noch ein ziemlicher Lärmverursacher. Wer aber auf unverfälschten Röhrensound steht, einen Verstärker, den man ohne künstliche Lautstärkeregelung aufdrehen kann, für den ist der winzige Amp eine super interessante Option.

Winzige Verstärker unter dem Mikroskop

Wenn wir es schon im Laden haben, sollten wir es auch testen. Und so haben wir die Boston Duane Jr., die Elfring Little Gem und die Fender Custom Shop Champ auf Herz und Nieren geprüft. Vom Aussehen her ist der Duane Jr. der einfachste des Trios. Das kleine schwarze Tolex-Gehäuse und das silbergraue Lautsprechertuch sind vor allem funktional und vermitteln nicht sofort das Gefühl, dass es sich um eine Bereicherung für Ihre Männerhöhle handelt. Schade, denn mit einem kleinen Logo auf dem Lautsprechertuch würde es sofort viel attraktiver aussehen. Auch das Bedienfeld ist schlicht gehalten. Der Little Gem macht uns glücklicher. Ein traditioneller Tweed-Look mit braunem Lautsprecherstoff. Das sieht in Ihrem Wohnzimmer oder Studio nicht fehl am Platz aus. Die Fender Champ kommt aus dem Custom Shop und dort hat man einen beträchtlichen Teil des Budgets für das Aussehen ausgegeben. Der Verstärker ist schwarz lackiert und gealtert. Als ob sie selbst mit dem Tweed darauf gespielt und hinten im Wagen schnell den Pinsel mit schwarzer Farbe geschwungen hätten. YouTube In Bezug auf die Abmessungen unterscheiden sie sich nicht sehr. Der Little Gem ist der größte der drei und der Duane Jr. ist der kleinste.

Unter der Haube

Alle drei Verstärker scheinen die gleiche Inspiration zu haben. Alle haben eine 6v6-Röhre in der Ausgangsstufe. Der Little Gem und der Duane Jr. kommen mit einer 12AX7-Röhre im Vorverstärker aus und der Fender muss mit einer 12AY7 auskommen. Die 12AX7 verleiht dem Verstärker ein wenig mehr Drive. Sowohl der Duane Jr. als auch der Little Gem sind mit einem 8 Zoll Celestion-Lautsprecher ausgestattet. Der Fender hat einen 10-Zoll Celestion Green Back.

Die Schlüsselfrage lautet: Wie klingt es?

Wir haben alle drei Verstärker sowohl clean als auch overdrive gespielt. Clean klingt der Duane Jr. ganz nach Princeton. Aber ohne den enormen Stromverbrauch des Princeton. Wenn wir den Gain etwas mehr aufdrehen, scheint es, dass der Overdrive leicht mit dem Lautstärkeregler der Gitarre oder mit der rechten Hand einstellbar ist. Es ist schön zu wissen, dass die einzelnen Noten eines Akkords auch dann erhalten bleiben, wenn man die Lautstärke aufdreht. Dreht man den Lautstärkeregler über 10 hinaus, fällt die Duane leicht in sich zusammen. Auf Position 10 haben sie einen schönen und sehr dynamischen Leadsound. Vom Flüstern bis zum Weinen, alles unter deinen Fingerspitzen.

Die Fender ist sauber gespielt die charaktervollste der Gruppe. Der typische etwas nasale alte Champ-Sound ist reichlich vorhanden. Es ist ein sehr tragender Klang mit vielen Obertönen, die lange nachklingen. Der Fender hat zweifellos den komplexesten Ton der drei. Und wenn wir sie aufdrehen, zaubert das ein breites Lächeln in unsere Gesichter. Alles summiert sich. Es ist eine beeindruckende Riffmaschine und die Leadsounds stehen wie ein Haus mit tagelangem Sustain.

Der Little Gem ist sauber und sehr ausgewogen. Schönes und definiertes Low End mit mehr Headroom als bei der Duane. Der eingebaute Federhall vervollständigt den sauberen Sound. Wenn wir die Lautstärke aufdrehen, scheint der Little Gem ein etwas anderer Verstärker zu sein als der Fender und der Duane. Der Verstärker hat eine Menge Headroom und übersteuert deutlich weniger als die beiden anderen. Das macht es sehr geeignet für Pedale.

Am Ende des Tages….

Der Duane Jr. hat uns am meisten überrascht. Für gut €350,- kann man einen authentischen kleinen Röhrenverstärker kaufen, der über seiner Preisklasse spielt. Der Fender ist das einzig Wahre. Besonders mit dem 10-Zoll-Lautsprecher ist dies ein charaktervolles Biest von einem kleinen Verstärker. Der Preis dafür liegt bei knapp über 2000 €. Von den dreien eignet sich der Elfring Little Gem am besten für Pedale und ist mit einem Preis von knapp 1000 € für einen in den Niederlanden handgefertigten Verstärker immer noch ein gutes Geschäft.

Boss Kauffmann

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